Stadtteilgeschichte Neu-Olvenstedt: Auszüge Teil 1 (1976 und 1981)

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Stadtteilgeschichte Neu-Olvenstedt

Teil 1 (1976 und 1981)

Änderungsstand 2018

Autoren Richmann / Gehrmann

Es ist für uns, Bürgerinnen und Bürger von Olvenstedt, ein wichtiges Anliegen, interessante, spannende, auch nachdenkliche, oft schon vergessene oder wenig beachtete Seiten unseres Stadtteils Neu-Olvenstedt aus der gemeinsamen Geschichte der letzten Jahrzehnte zu dokumentieren.

Vorstellen möchten wir diese Epoche als

Stadtteilgeschichte „Magdeburg – Neu-Olvenstedt“

Hiermit soll unsere Wertschätzung und Verbundenheit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des liebevoll bezeichneten „Alten Dorfes“ Olvenstedt, unseres gemeinsamen Namengebers, und den heute in Neu-Olvenstedt lebenden sowie den ehemaligen Mitbürgerinnen und Mitbür­gern, die aus den unterschiedlichen Beweggründen den Stadtteil verlassen haben, zum Ausdruck kommen.

Dieses Vorhaben soll nicht vermessen klingen, da wir uns schon darüber im Klaren sind, dass über 1000 Jahre nachweisbare Geschichte von der Erstnennung Olvenstedts, über die Entwick­lung zu einem bedeutenden und wohlhabenden Dorf in der Magdeburger Börde bis hin zu einem Stadtteil der Landeshauptstadt Magdeburg nicht mit der kurzen Geschichte von wenigen Jahr­zehnten des Stadtteils Neu-Olvenstedt auf eine Stufe gestellt werden kann.

Auf der einen Seite sind hier weit mehr als vierzig Generationen heimisch gewesen und sind es heute noch. Auf der anderen Seite sind es gerade Mal drei Generationen, die sich, und das kön­nen wir mit Fug und Recht behaupten, sehr wohl auf dem Territorium des ehemaligen Börde­dorfs Olvenstedt fühlen.

Es stehen uns natürlich die Meinungen und Befindlichkeiten der Bürgerinnen und Bürger von Olvenstedt näher als Äußerungen und Behauptungen in den Medien und in Talkshows mit deren vorgefassten und undifferenzierten Darstellungen und angeblich wissenschaftlich gestützten Er­kenntnissen, unter anderem zum Problemkreis „ostdeutscher Neubausiedlungen“.

Wir haben hier unsere Heimat gefunden und sind stolz darauf, uns Olvenstedter nennen zu dür­fen. Dieses trifft genau so auf unsere Kinder und Enkel zu.

Aus den Chroniken des „Alten“ Olvenstedts über viele Jahrhunderte ist gerade heute für uns und die nachfolgenden Generationen die wichtigste Erkenntnis, sich wieder mehr mit den Begriffen Heimat und Geschichte zu befassen. Nur so können wir die Gegenwart begreifen, und nur so können wir zukünftig ein noch besseres Miteinander von Alt und Jung (auch „Neu“) organisieren und erleben.

Und das soll unsere wichtigste Botschaft sein, uns als Olvenstedter hier heimisch zu fühlen und alle Chancen und Möglichkeiten zu nutzen, auch weiterhin die Verbindung zwischen beiden Teilen Olvenstedts  zum Vorteil der Bewohnerinnen und Bewohner unter deren noch besserer Einbeziehung mit zu gestalten und alle Olvenstedterinnen und Olvenstedter aufzurufen, sich aktiv für den Erhalt und die Umgestaltung des Wohnstandortes „Neu-Olvenstedt“ einzusetzen, damit auch die nächsten Generationen hier einen attraktiven Wohn- und Lebensmittelpunkt finden können.

„Wir für uns!“

als ein Motto der Bürgerinitiative „Olvenstedt“ e.V. bringt dieses Grundanliegen zum Ausdruck.

Über diesen Verein in Olvenstedt wird das Miteinander praktiziert und dies zum Nutzen von beiden Teilen Olvenstedts.

Das ist für vieles Andere beispielgebend!

Wir würden uns freuen, wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, uns Ihre Meinungen, Kritiken, Vorschläge und Änderungswünsche, aber auch Erinnerungen, die unseren Stadtteil betreffen, mitteilen würden, damit wir zusammen mit Ihnen in einer späteren Ausgabe dieses berücksich­tigen und dann die

„Chronik – Neu-Olvenstedt“

präsentieren können.

Wir sind sehr an einem intensiven Dialog mit Ihnen interessiert, um für die nächsten Generatio­nen diese spannende Epoche mit den zahllosen Umbrüchen und Neuorientierungen am Beispiel unseres Stadtteils Neu-Olvenstedt und seiner Bewohnerinnen und Bewohner zu dokumentieren und dem Verdrängen und Vergessen, ebenso der nostalgischen Verklärung und der Verbreitung von subjektiv geprägten, imageschädigenden Darstellungen durch eine Reihe unserer Mitbürger innerhalb und außerhalb von Olvenstedt entgegen zu wirken.

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Das Jahr 1976

Beginn der Planungs- und Projektierungsphase für das Bauvorhaben der Stadt Magdeburg

„An der Olvenstedter Chaussee“ („Neu-Olvenstedt“)

Ereignisse

Erste öffentliche Diskussion über den beabsichtigten Bau eines weiteren, großen Neubauviertels in Magdeburg unter der Bezeichnung „Experimentalwohngebiet an der Olvenstedter Chaussee“ auf einer Konfe­renz der Bauarbeiter in Magdeburg.

Geschichtliches über unseren Stadtteil

Bis Mitte der 1970er Jahre existieren nach unseren Recherchen keine Dokumente, Expertenaussagen, Bebauungspläne oder sonstige Unterlagen, die den Schluss erlauben, dass die Stadt Magdeburg beabsichtigt, im Nordwesten des Stadtgebiets (Olvenstedter Chaussee bzw. Magdeburger Chaussee, Olvenstedt) ein weiteres großes Neubauviertel zu errichten.

Vielmehr sieht der aktuell gültige Generalbebauungsplan für Magdeburg, nach Fertigstellung der Wohnkomplexe im Norden der Stadt (Neustädter See, Kannenstieg und Neustädter Feld), eine Verlagerung des „extensiven“ Wohnungsbaus in den Südosten der Stadt vor.

Im so genannten „Standortangebot zum komplexen Wohnungsbau“ für den Zeitraum 1976 – 1990 des Büros des Stadtarchitekten Magdeburgs von August 1975 sind ebenfalls für den Norden Magdeburgs nur die Standorte Magdeburg-Nord, Birkenweiler und Neustädter Feld ausgewiesen.

„Neu-Olvenstedt“ als zukünftiger Wohnstandort und Stadtteil Magdeburgs ist bis zu diesem Zeitpunkt kein Thema.

Der geänderte Generalbebauungsplan für Magdeburg von 1976 im Ergebnis einer weiteren „Analyse von möglichen Umgestaltungsflächen“ zeigt, dass die Stadt (Büro des Stadtarchitekten) jetzt von ihrer ursprünglichen Konzeption, Verlagerung des Wohnungsbaus in den Südosten der Stadt, abgegangen ist und den Hauptschwerpunkt der weiteren  Wohnbebauung in den Nordwesten, Standort „Magdeburger Chaussee“ bzw. „Olvenstedter Chaussee“, verlagern wird.

Begründet wird dieses mit durchgeführten Untersuchungen, die ergeben haben sollen, dass vor allem  fehlende Abwasser- und Fernwärmekapazitäten die Errichtung eines weiteren Stadtteils im Süden der Stadt problematisch erscheinen lassen.

Die nahe liegende Variante zur Beseitigung der aktuellen „Wohnungsnot“, nämlich die Verlagerung eines Großteils des Wohnungsbaus (Sanierung und Neubau) auf innerstädtische Flächen bei gleichzeitigem weiteren Ausbau der Innenstadt Magdeburgs gelingt nur unzureichend, die Standortkonzeption für 1981 bis 1985 enthält dann auch nur noch einen Anteil von 13% für neue Wohnungen auf Umgestaltungsflächen, aber 87% auf unbebaute Flächen.

Die Konzentration von immer neuen Wohnstandorten im Norden der Stadt (außerhalb der Innenstadt) hat eine Vielzahl kaum lösbarer Probleme zur Folge.

Hierbei ist das extrem hohe, ständig steigende Verkehrsaufkommen (Straßenbahn, Bus, Autoverkehr), das vor allem die Innenstadt Magdeburgs auf das äußerste belastet, auch auf die Verteilung der Wohnstandorte im Norden der Stadt und der Großbetriebe im Süden zurück zu führen.

Die Errichtung eines weiteren Stadtteils auf der „grünen Wiese“ geht vor allem auch zu Lasten der Gestaltung, Sanierung der Innenstadt Magdeburgs.

Datiert aus 1976  existiert aus dem Büro des Stadtarchitekten Magdeburgs eine Übersichtszeichnung Magdeburgs mit Kennzeichnung des Standorts (Flächenausweis) und Bezeichnung „Experimentalbaugebiet an der Olvenstedter Chaussee“ als Teil der städtebaulichen Leitplanung für den Wohnbaustandort „An der Olvenstedter Chaussee“.

Im Januar 1977 legt eine von der Stadt einberufene „Arbeitsgruppe“ die Aufgabenstellung für die Projektierung des „Experimentalwohngebietes an der Olvenstedter Chaussee“ auf Basis einer stadträumlichen Analyse vor.

Aus 1977 existieren aus der ersten Phase der Leitplanung Skizzen als städtebauliche Entwurfsansätze des Büros des Stadtarchitekten Magdeburgs.

Im April 1977 liegt der erste Modellentwurf vor.

Fernwärme und Elektroenergie sollen hiernach über eine am Ostrand des Bebauungsgebietes zu errichtende Komplexstation herangeführt werden, die dann aus einem eigenen  Umspannwerk und einer Fernwärmestation bestehen soll.

Anbindung an die Innenstadt soll über eine Straßenbahntrasse erfolgen.

Besondere Anforderungen an Wohnqualität, baulich-künstlerische Gestaltung, Verwendung der weiterentwickelten Wohnungsbauserie 70 (WBS 70) werden debattiert.

1976 werden also die Weichen zur Errichtung eines neuen Stadtteils in Magdeburg für meh­rere 10000 Einwohner unter der Bezeichnung „Experimentalwohngebiet an der Olvenstedter Chaussee“ öffentlich auf einer Bauarbei­terkonferenz in Magdeburg gestellt.

Die Planungs- und Projektierungsphase für dieses Großbauprojekt wird auf fünf Jahre veranschlagt. 1981 soll mit der ersten Bauphase begonnen werden.

Ein Hintergrund für das Großbauvorhaben ist das im Dezember 1975 abgeschlossene Regierungsabkommen zwischen der DDR und der UdSSR über die Zusammenarbeit und Kooperation beider Staaten auf dem Gebiet des Wohnungs- und Gesellschaftsbaus auf Basis von industriell vorgefertigten Bauelementen als Beispielplanung und Ausführung mit verallgemeinerungsfähigen Lösungen in Magdeburg, in der Partnerstadt Gorki (heute wieder Nishni Nowgorod) in der Sowjetunion und darüber hinaus.

Aus dem Jahr 1977 existiert hierzu eine Übersichtszeichnung als Konzept für die „Gesellschaftlichen Zentren im Experimentalwohnkomplex in Gorki“.

Ein weiterer Grund ist der in der DDR noch Mitte der 1970er Jahre vorhandene extreme Mangel an Wohnungen mit zeitgemäßer und bedarfsgerechter Ausstattung bei entsprechender Wohnumfeldkultur.

Für viele Bürge­rinnen und Bürger, vor allem für jüngere Familien, ist die Wohnraumsuche ein fast unlösbares Problem. Wartefristen auf den Wohnungslisten der kommunalen, genossenschaftlichen oder betrieblichen Wohnraumvergabestellen von 10 Jahren sind keine Seltenheit.

In der Stadt Magdeburg, der Stadt des Schwermaschinenbaus, tritt dieses durch den forcierten Ausbau des Schwermaschinenbausektors in der DDR mit Magdeburg als deren Zentrum und der Konzentration von Betrieben und Kombinaten des Schwerma­schinenbaus, wie unter anderem dem Schwermaschinenbaukombinat „Ernst Thälmann“ (SKET), dem Schwermaschinenbaukombinat „Karl Liebknecht“ (SKL), dem Magdeburger Armaturenwerk (MAW), dem Georgi-Dimitroff-Werk (GDW) besonders deutlich zu Tage.

Der Bau von so genannten Satellitenstädten auf der „grünen Wiese“ soll das Wohnungs­problem (und damit auch das Arbeitskräfteproblem) in der DDR bis 1990, so die Vorgabe der Regierenden, als sozialpolitisches Problem lösen.

Erst danach ist eine weitere Innenstadtsanierung im größeren Stil geplant.

Das alles geschieht bei gleichzeitigem, immer weiter fortschreitendem Verfall einer Viel­zahl von Wohngebäuden in der Innenstadt und den angrenzenden Stadtteilen von Magde­burg. Dieser Widerspruch ist unter den gesellschaftspolitischen Bedingungen und materiellen Voraussetzungen in den 1970er Jahren nicht lösbar.

Bekannt ist, dass das Plattenwerk Magdeburg-Rothensee Wohnungs- und Gesellschafts­baufertigteile produzieren und liefern soll.

Die Serienproduktion von vorgefertigten kompletten Sanitär-Raumzellen aus Gipsbeton soll ab 1977 im VEB Baukombinat Leipzig – Werk Sanitär-Raumzelle – anlaufen.

Interessantes aus dem Jahr 1976 zur besseren zeitlichen Einordnung

Gurtpflicht für Autofahrer ab 01.01.1976 in der BRD

Einweihung des Palastes der Republik in Ostberlin

Olympische Sommerspiele in Montreal (Kanada)

Fertigstellung des Wohngebiets „Magdeburg-Reform“ (Baubeginn 1971; ca. 5000 WE)

1977 – Baubeginn im Wohngebiet „Neustädter Feld“ (ca. 5000 WE)

Das Jahr 1981

Ereignisse

  • 13.Februar                   Grundsteinlegung für das neue Wohngebiet
  • 21.Mai                         Beginn der Wohnbebauung in  der heutigen Johannes-Göderitz-Straße
  • Mitte des Jahres          Grundsteinlegung für die Straßenbahntrasse vom Olvenstedter Platz                                     nach Olvenstedt (Birkenallee)
  • Ende des Jahres           Die ersten Familien beziehen ihre Wohnungen in der heutigen Johannes-Göderitz-Straße

Geschichtliches über unseren Stadtteil

1981 erfolgt der Start der Wohnbebauung im ersten Bauabschnitt am südlichen Straßen­zug der  Johannes-Göderitz-Straße am Magdeburger Hof.

Die Grundsteinlegung für das Neubaugebiet ist am 13.Februar, die erste Großplatte wird am 21.Mai gesetzt.

Die ersten Familien (offiziellen Angaben zufolge 96) beziehen vor Weihnachten ihre neuen Wohnungen in Neu-Olvenstedt.

Im Laufe des Jahres ist Grundsteinlegung für die Straßenbahntrasse vom Olvenstedter Platz nach Olvenstedt (Birkenallee). Es ist eine 3jährige Bauzeit geplant.

Interessantes aus dem Jahr 1981 zur besseren zeitlichen Einordnung

Fertigstellung des Wohngebiets Neustädter See / Kannenstieg (ca 11000WE) (Grundsteinlegung war 1973)

Rolf Herricht stirbt bei seinem letzten Auftritt auf der Bühne

Eröffnung des „Neuen Gewandhauses“ in Leipzig

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